Furcht ist nicht in der Liebe – Eine Betrachtung zu 1 Johannes 4,18
Der Apostel Johannes schreibt in seinem ersten Brief: „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht hat Pein. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht völlig in der Liebe.“ (1 Johannes 4,18, Luther 1912). Dieser Vers lädt uns ein, die Beziehung zwischen Liebe und Furcht im geistlichen Leben zu erforschen und neu zu verstehen.
Häufige Missverständnisse
Viele Menschen verbinden Furcht mit Ehrfurcht oder Respekt vor Gott. Doch Johannes meint hier eine andere Art von Furcht: eine ängstliche, schmerzvolle Angst, die das Herz belastet und die Freiheit in der Liebe einschränkt. Einige glauben, dass Furcht ein notwendiger Bestandteil des Glaubens sei, um Gott zu fürchten und zu ehren. Es lohnt sich, diese Annahme zu hinterfragen.
- Furcht wird oft mit einem gesunden Respekt vor Gott verwechselt.
- Manche meinen, Angst vor Strafe sei ein Motor für Glauben und Gehorsam.
- Es wird angenommen, dass Liebe und Furcht gleichzeitig im Herzen wohnen können.
- Die Vorstellung, dass Furcht immer negativ sei, wird manchmal übersehen.
Eine treue Auslegung
Johannes betont, dass wahre, vollkommene Liebe die Furcht vertreibt. Diese Liebe ist kein flüchtiges Gefühl, sondern eine göttliche Kraft, die aus der Erkenntnis von Gottes unendlicher Gnade und Annahme erwächst. Wenn wir diese Liebe in unserem Herzen erfahren, wird die Angst, verurteilt oder verlassen zu werden, überwunden.
Die „Pein“ der Furcht, von der Johannes spricht, beschreibt den inneren Schmerz und die Qual, die durch Zweifel, Angst vor Ablehnung oder Strafe entstehen. Die vollkommene Liebe gibt uns Freiheit und Frieden, sie befreit von dieser quälenden Angst.
Wer sich noch fürchtet, ist nach Johannes’ Worten nicht „völlig in der Liebe“. Das bedeutet nicht, dass Angst ein Zeichen von Schwäche ist, sondern dass wir eingeladen sind, immer tiefer in die Erfahrung der göttlichen Liebe hineinzuwachsen.
Diese Liebe ist ein Geschenk Gottes, das durch den Heiligen Geist in uns wirkt und uns befähigt, mutig und ohne Angst zu leben – nicht aus eigener Kraft, sondern durch die Gewissheit, dass Gottes Liebe uns trägt.
„Die Furcht hat Pein“ – diese Worte erinnern uns daran, wie belastend Angst sein kann, doch zugleich zeigen sie uns den Weg zur Befreiung: die völlige Liebe, die aus Gott kommt.
Indem wir uns täglich der Liebe Gottes öffnen, können wir lernen, unsere Ängste loszulassen und in der Freiheit zu leben, die Christus schenkt. So wird die Liebe zum Heilmittel gegen die lähmende Furcht.